50 Jahre Fristenregelung sind für mich ein Anlass, die aktuelle Situation rund um das Thema Abtreibung in Österreich zu beleuchten. Zuvor aber ein kurzer Rückblick ins Jahr 1973. Bis dahin ist die Abtreibung nämlich verboten. Frauen, die ungewollt schwanger werden, haben keine Möglichkeit, die Schwangerschaft legal zu beenden. Viele Frauen treiben heimlich ab, oft unter prekären hygienischen Bedingungen. Nicht selten kommt es zu gefährlichen Infektionen, immer wieder sterben die betroffenen Frauen auch. Neben der körperlichen Belastung müssen die Frauen auch fürchten, von der Gesellschaft stigmatisiert zu werden.
Die damalige Frauenministerin, Johanna Dohnal, setzt sich für eine Legalisierung der Abtreibung ein. Hitzige Debatten, Demonstrationen Pro und Contra sind die Folge. Befürworter:innen plädieren für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, konservative Gegner:innen sprechen von Mord. Schließlich wird das Gesetz 1973 im Parlament beschlossen und tritt mit 1.1.1975 in Kraft. Frauen haben seitdem die Möglichkeit, innerhalb der ersten drei Monate einer Schwangerschaft eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Aber wie sieht es heute aus?
Fakt ist, dass die Abtreibung noch immer im Strafgesetzbuch (§ 96 und § 97) verankert ist. Noch immer begehen Frauen, die ungewollt schwanger werden und diese Schwangerschaft beenden lassen, eine Straftat. Nur bei Abtreibung innerhalb der ersten drei Monate müssen sie keine Strafe fürchten. Außerdem ist laut Gesetz kein Arzt/keine Ärztin verpflichtet, eine Abtreibung vorzunehmen. Für Frauen, die sich dazu entschlossen haben, ihr Kind nicht zu bekommen, ist es daher schwierig, den Abbruch auch tatsächlich durchführen zu lassen, in manchen Bundeländern gibt es gar keine Möglichkeit.
Ist es also Zeit, einen Schritt weiterzugehen? Frauenorganisationen fordern schon seit einiger Zeit, dass der Schwangerschaftsabbruch endlich entkriminalisiert und aus dem Strafgesetz gestrichen werden muss. Außerdem sollen ausreichend Stellen – egal ob bei niedergelassenen Frauenärzt:innen oder in Krankenhäusern – geschaffen werden, an die sich Frauen für eine Abtreibung wenden können.
Es ist jedenfalls Zeit, Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper zu geben! Keine Frau entscheidet aus einer Laune heraus, eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Dieser Entscheidung gehen schlaflose Nächte, Zweifel und Tränen voraus. Sollten wir als Gesellschaft dann nicht wenigstens so weit sein, diese schwere Entscheidung der betroffenen Frau zu akzeptieren und sie zu unterstützen?
Die für den Schwangerschaftsabbruch notwendige Beratung stellt die Frauen oft zusätzlich vor eine Herausforderung und setzt sie unter Druck. Viele Betroffene berichten, dass die Beratung bei manchen Vereinen, die von konservativen Kräften betrieben werden, offensichtlich das Ziel hat, sie von der Abtreibung abzuhalten. Das ist nicht nur eine unsachliche Herangehensweise, sondern auch eine unnötige psychische Belastung für die Frauen, die unabhängige medizinische und soziale Beratung brauchen.
Gegner:innen der Legalisierung sprechen vom Recht des ungeborenen Kindes auf Leben. Hat aber nicht auch die Mutter ein Recht darauf, sich ein gutes Leben aufzubauen oder zu erhalten? Oder die eventuell vorhandenen Geschwister, für die ein weiteres Kind oft eine Verschlechterung der Lebenssituation durch eine Verschlechterung der finanziellen Lage der Mutter bedeutet?
Bei allem Respekt vor dem Leben, sollten wir jedenfalls darauf vertrauen, dass eine Frau sehr gut selbst entscheiden kann, ob sie bereit ist, ein (weiteres) Kind zu bekommen oder nicht.
Ich gehe daher noch einen Schritt weiter und fordere nicht nur die absolute Legalisierung der Abtreibung, sondern auch den uneingeschränkten Zugang zu kostenlosen Schwangerschaftsabbrüchen und unabhängige Beratungsstellen.
Information, Beratung und Hilfe bekommen Frauen hier: